18. August 2022
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„Sehen Sie die Kreatur, wie sie Gott gemacht hat“ – was Büchner in seiner Woyzeck-Figur anlegt, ist immer noch hochaktuell: Soziale Abgründe und strukturelle Macht erdrücken den Einzelnen, dessen Aufbegehren sich gegen das Liebste richtet, das er überhaupt kennt. Das Drama ist also auch ein Anlass, um darüber zu sprechen, wie eine gerechte Welt aussehen müsste. Und – viel wichtiger noch – lässt sie sich überhaupt erreichen? Und wenn ja: Wie? Mit einem Projekt als Downloadgeschenk.

Wenn die Großmutter Woyzecks und Maries Sohn ein Märchen erzählt, hat das nichts Tröstliches: Keine Goldtaler fallen erlösend vom Himmel wie im Grimmschen „Sterntaler“-Märchen. Was hier wie Sterne glitzert, sind nur „klei golde Mück“. Die 27 kurzen Szenen des Woyzeck-Dramas entwerfen die dazugehörige hoffnungslose Welt. – Welche Perspektive bietet die heutige Welt unseren Kindern? Sind wir weitergekommen? An welchen Punkten? Wo liegen unsere Hoffnungspunkte?

Wenn Woyzeck sich fürs Geldverdienen als Militär verdingt, was macht das aus ihm als Mensch? Ist es heute besser, Dienst im Militär zu verrichten? Ließe sich Militär überhaupt überflüssig machen – wie Deutschland es mit der Beschränkung auf eine Berufsarmee teilweise versucht hat? War das richtig? Lassen Sie Ihre Abiturientinnen und Abiturienten einmal ein glaubwürdiges positives Zukunftsszenario entwerfen.

Wenn Woyzeck sich trotz seines Dienstes im Militär für ein Zubrot dem Doktor andienen muss: Welche Bezüge lassen sich zu heutigen sozialen Fragen herstellen? Welche Ursachen hat soziale Ungleichheit und wie lässt sich dem tatsächlich begegnen?

Wenn der Doktor Woyzeck als Versuchskaninchen missbraucht, ist sein Vorgehen angemessen, weil es im Dienst an der Menschheit geschieht? Bei welchen Themen geraten heutige Ärzte in Konflikt mit ihrem hippokratischen Eid?

Wenn Woyzeck seine Marie tötet, inwiefern unterscheidet er sich von heutigen Amokläufern und Attentätern? Wie müssen wir einander im Alltag begegnen, um nicht auszugrenzen und zu demütigen, sondern wertzuschätzen? Ziehen tatsächlich „unbekannten Gewalten“ uns „am Draht“, wie es in Büchners Fatalismusbrief heißt? Was sagt Wissenschaft heute über unsere Willensfreiheit?

Eine Gerichtsverhandlung als Projekt zur Diskussion der Schuldfrage

Am Ende: Ist Woyzeck verantwortlich für den Mord an Marie und also seine Hinrichtung gerechtfertigt? Trägt Marie (Mit-)Schuld? Ist dieser Mord ein Femizid? Ist schuld, wer Woyzeck in den Wahnsinn getrieben hat? Waren es die gesellschaftlichen Verhältnisse, die Woyzecks Psychose ausgelöst haben, oder wer ist verantwortlich? Und: „Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt?“

Dieses Drama von nur wenigen Seiten provoziert nicht umsonst so viele Inszenierungen, Aufführungen und mediale Anverwandlungen, denn es werden die ganz großen menschlichen Fragen gestellt. Insofern ist eine Abiturlektüre nicht nur wichtig, weil mit deren Behandlung das Deutschabitur bestanden werden kann, sondern sie ist viel mehr und vor allem auch eine Chance: Sie gibt jungen Menschen in einer Phase großer Offenheit, des Zweifelns und auf der Suche nach Orientierung und ihrem Platz in der Welt den Raum, eigene wichtige Fragen zu diskutieren. Dabei nicht in Fatalismus zu verfallen, sondern diese Diskussion lösungsorientiert zu gestalten, ist ein schwieriges, aber unbedingt lohnenswertes Projekt von Schule.

Hilfe auf dem Weg dahin und in jedem Fall für Ihren Unterricht bietet dabei die Deutsch kompetent Kurslektüre (in Print oder als eBook) mit ihrem Erarbeitungsteil sowie der Digitale Unterrichtsassistent dazu.

Blick ins Buch

Hier gelangen Sie direkt zur Vorschau der Lektüre:

https://klettbib.livebook.de/978-3-12-352631-2/

Für Sie zum kostenlosen Download

Laden Sie sich die Anregung nicht zu dem ganz großen Projekt, aber doch zur Schuldfrage hier kostenlos herunter.

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