17. November 2023
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Immer mehr Schüler und Schülerinnen leiden an psychischen Erkrankungen. Für sie ist die Klinikschule ein Ort, an dem sie wieder durchatmen und neue Kraft tanken können.

Es ist 8 Uhr. Die Lernenden strömen ins Gebäude. Sie alle haben psychische Erkrankungen und sind stationär in der Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht. Die Krankheitsbilder reichen dabei von Depression und Essstörungen (beides hat in der Corona-Zeit stark zugenommen) über Substanzabhängigkeiten, sexuelle Reifungsstörungen (Passt mein biologisches Geschlecht zu mir als Person?, Missbrauch als Opfer und/oder Täter), Ängste (z. B. aufgrund von Mobbing) bis zu Selbstverletzungen und suizidalem Verhalten.

In jeder Klasse sitzen etwa 16 Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Bildungsgänge von der Grundschule bis zum Abitur, sie werden in der Regel von zwei Lehrkräften unterrichtet. Der Tag beginnt mit einer Befindlichkeitsrunde. Die Lernenden versuchen, ihre Gefühle zu artikulieren und äußern, was sie brauchen, um gut lernen zu können. Für die Lehrkräfte, die sowohl aus dem Regel- als auch aus dem Förderschulbereich kommen, gibt diese Befindlichkeitsrunde wichtige Hinweise, worauf sie an diesem Tag besonders achten müssen.

Der Unterricht in den Hauptfächern ist stark differenziert und setzt an dem an, was die Lernenden aus ihren Heimatschulen mitbringen und/oder dem, was ihrem Leistungsvermögen entspricht. In anderen Fächern werden Themen gemeinsam bearbeitet. Die Beziehung zwischen Lehrkraft und Lernenden ist deutlich enger als an Regelschulen, auch wenn die gemeinsame Zeit meist auf drei bis sechs Monate begrenzt ist (je nach Therapiedauer). Für mich ist es immer wieder beglückend zu sehen, wie sich Schüler und Schülerinnen im Laufe der Therapie- und Schulzeit immer mehr öffnen, wie sie wieder Spaß an der Schule und am Miteinander bekommen und dann voller Zuversicht in ihr altes oder in ein neues System zurückkehren. Viele Kommentare in den „Gästebüchern“ zeigen, wie wichtig und bereichernd die Erfahrungen an unserer Schule waren. Das heißt nicht, dass es keine Probleme und Konflikte gäbe. Wir Lehrkräfte haben aber durch die Doppelbesetzung mehr Zeit, mit den Lernenden gemeinsam an einer für alle Beteiligten passenden Lösung zu arbeiten. Und – ganz besonders wichtig – an unserer Schule wird Humor großgeschrieben.

An vielen Orten gibt es solche Klinikschulen für Lernende mit psychischen Erkrankungen, es gibt aber auch Schulen mit anderen Schwerpunkten, z. B. Orthopädie oder Onkologie.

Für Schüler und Schülerinnen sind Klinikschulen eine gute Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen zu lernen und Kraft zu sammeln für das Leben außerhalb der Klinik.

Kennen Sie ähnliche Schulen oder andere Möglichkeiten betroffenen Schülerinnen und Schülern zu helfen? Teilen Sie mit uns gern Ihr Wissen und Ihre Erfahrungen.

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