22. April 2021
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Mit der Schulklasse unterwegs sein – direkt vor der eigenen Tür, miteinander arbeiten, selbst kochen und im offenen Stall schlafen. Würden Schülerinnen und Schüler dieses Konzept buchen, wenn die Lerngruppe auf Reisen gehen darf?

Es ist eine gute Erfahrung. Fast alle haben dem im Nachhinein zugestimmt. Wo jetzt außer­schulisches Lernen verboten und jede Fahrt abgesagt ist, erinnere ich mich gerade an diese Tour, bei der wir vor einiger Zeit als 8. Klasse wenig (Geld) aus-, aber (sonst) viel geben wollten. Womöglich war das ein Muster, das gerade auch im zuversichtlichen Blick auf das Ende der Pandemie Perspektiven eröffnen könnte.

Ehrenamtlich, sich gegenseitig und selbst helfen

Bei uns war es der Schwerpunkt „Dienst an anderen“ in der 8. Klasse, aber auch der Ausblick auf die kostenintensivere Rom-Fahrt in der 9., was uns dazu brachte, von allen 40 Euro einzu­sam­meln mit dem Ziel, so wenig wie möglich davon auszugeben und für Rom zu sparen. Infolgedessen galt es, einander beizustehen und zu schauen, dass man selbst klarkommt: Unsere Fahrt musste mit dem Rad bewältigt werden. Ein Gepäcktransport war nicht vorgesehen und ein Auto nur für die technischen Materialien und Notfälle vor Ort. In unserer Unterkunft haben wir selbst gekocht, auch viel Tee, um den Durst preiswert zu stillen. Ungemein hilfreich war es natürlich, dass wir eine Verbindung zu den Pfadfindern hatten, ihre Kochstelle, Töpfe und ihr allgemeines Know-how in Anspruch nehmen konnten. Weitere Beziehungen vor Ort waren genau so entscheidend.

Heimatkunde zwischen Traditionen und Perspektiven für den ländlichen Raum: Global denken, lokal handeln

Durch den Kontakt zum e.V. Altenburger Bauernhöfe, einem Verein, der sich um Dokumentation und Erhalt ländlicher Kultur ganz im Osten Thüringens kümmert, haben wir in einem alten, noch nach sowjetischen Vorgaben konzipierten Offenstall unser Quartier bezogen, Schlafsäcke ausgerollt und unsere „Küche“ aufgebaut. Als Gegenleistung hat die Klasse für den Verein eine Grillhütte gebaut und die Wege für einen Bauerngarten nach traditionellem Muster angelegt. Wir waren in der lokalen Käserei und haben sehr schlicht gespeist. So kam etwas Bewusstsein für die grund­legenden Dinge des Lebens auf. – Am Ende durften wir zur Vorbereitung des Mühlentags auf dem Vereins­gelände eine der ältesten Bockwindmühlen Thüringens (1732 erbaut) im Altenburger Land in den Wind drehen. – Die Schülerinnen und Schüler waren fassungslos, wie schmutzig und erschöpft man sein kann, aber zugleich fanden sie es ganz toll, etwas geschaffen zu haben und sich damit verbunden zu fühlen.

Das Thema Nachhaltigkeit ist jetzt keinesfalls neu, aber brandaktuell – und eben immer auch lokal zu denken. Überall richtet die globale Pandemie den Blick nun auch auf den eigenen Nahbereich. Und so kann eben eine Klassenfahrt auch die Gelegenheit sein, dass junge Leute mehr Verständnis für ihre Region bekommen, Entdeckungen machen und dabei vielleicht auch neue Ideen entwickeln können – z.B. historisch informierte Zukunfts­perspektiven für den ländlichen Raum.

Verantwortung ist oft das Schlagwort für ganz unterschiedliche Ansätze, die es mittler­weile an vielen verschiedenen Orten gibt, Schüler ohne Rundumversorgung auf Reisen zu schicken.

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