Was haben Erklärvideos, vertonte Animationen sowie PowerPoint-Präsentationen gemeinsam? Sie fördern multimediales Lernen! Doch welche Prozesse laufen dabei in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler ab? Welche Prinzipien sollten beachtet werden, damit Multimedia-Lernen am effizientesten ist? Und was können Sie daraus für Ihren Unterricht ableiten?
Grundlagen des Multimedia-Lernens
Multimediales Lernen oder Multimedia-Lernen bedeutet, dass das Lernen anhand von mehreren verschiedenen Medienarten erfolgt. Der Lerninhalt besteht also gleichzeitig sowohl aus verbalen als auch aus visuellen Informationen. Dazu zählt geschriebener sowie gesprochener Text (Audios), Fotos, Illustrationen, Videos und Animationen. Die Medien müssen nicht zwingend digital vorliegen, aber im Kontext der Digitalisierung und allgegenwärtigen Mediennutzung wird multimediales Lernen meist mit digitalen Medien realisiert.
Damit Multimedia-Lernen Erfolg bringt, müssen die Lerninhalte so aufbereitet werden, dass sie der Funktionsweise des menschlichen Gehirns entsprechen. Zuerst muss man also verstehen, wie das multimediale Lernen überhaupt funktioniert. An dieser Stelle kommt die Cognitive Theory of Multimedia Learning bzw. die kognitive Theorie des multimedialen Lernens ins Spiel. Sie wurde von dem US-amerikanischen Psychologen Richard E. Mayer unter Durchführung zahlreicher Studien entwickelt und gilt in der Lernpsychologie als anerkannte Lerntheorie. Sie beschreibt, welche Prozesse beim multimedialen Lernen im Gehirn ablaufen.
Grundannahmen der kognitiven Theorie des multimedialen Lernens
Die Cognitive Theory of Multimedia Learning basiert auf drei Annahmen, die erklären, wie die Verarbeitung von Informationen im Gedächtnis erfolgt:
- duale Kanäle
- limitierte Kapazität
- aktive Verarbeitung
1. Duale Kanäle
Alle Informationen werden in zwei separaten Kanälen verarbeitet: einem Kanal für visuelle Informationen und einem Kanal für auditive Informationen. Die Verarbeitung in beiden Kanälen erfolgt parallel.
2. Limitierte Kapazität
In beiden Kanälen kann zu einem gegebenen Zeitpunkt jeweils nur eine begrenzte Menge an Informationen verarbeitet werden. Diese Kapazität ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, liegt im Durchschnitt aber bei fünf bis sieben Informationseinheiten. Alles, was über diese Grenze hinaus geht, kann nicht verarbeitet werden und landet somit nicht im Arbeitsgedächtnis.
3. Aktive Verarbeitung
Die kognitive Theorie des multimedialen Lernens geht davon aus, dass Lernen ein aktiver Vorgang ist. Informationen werden also nicht einfach nur passiv aufgenommen und gespeichert, sondern in drei kognitiven Prozessen aktiv im Gedächtnis verarbeitet: der Auswahl, der Organisation und der Integration. Indem der Lernende seine Aufmerksamkeit auf die für ihn relevanten Informationen lenkt, wählt er aus, welche Wörter oder Bilder im Arbeitsgedächtnis weiterverarbeitet werden. Anschließend werden diese Wörter und Bilder während der Organisationsphase im Arbeitsgedächtnis in zusammenhängende mentale Repräsentationen umgewandelt. Zum Schluss werden die neu erstellten mentalen Modelle mit bereits vorhandenen verknüpft. Diese Integration in bereits vorhandenes Wissen macht eine Speicherung der neuen Informationen im Langzeitgedächtnis möglich.
Bildquelle: Ernst Klett Verlag GmbH, Stuttgart (Anna Seifert) nach Richard E. Mayer: The Cambridge Handbook of Multimedia Lerning, Cambridge University Press. 2014, S. 61
Prinzipien für multimediales Lernen
Aus diesen Grundannahmen hat Mayer die Prinzipien des multimedialen Lernens abgeleitet, die in zahlreichen Studien getestet und belegt wurden. Diese Prinzipien gelten als Anhaltspunkt bei der Gestaltung von multimedialen Lerneinheiten.
Ansätze für den Unterricht
Das Einbeziehen von Erklärvideos, Animationen oder Audiodateien fördert nicht nur die Medienkompetenz der Lernenden. Die kognitive Theorie des multimedialen Lernens bestätigt einmal mehr, dass multimediale Inhalte ebenso zu effizienterem Lernen führen können. Voraussetzung dafür ist, dass dabei die eben vorgestellten Prinzipien beachtet werden. Natürlich ist es nicht immer möglich, allen Prinzipien gleichzeitig gerecht zu werden, aber sie bieten einen guten Anhaltspunkt.
Beispielsweise können Sie diese Prinzipien zurate ziehen, wenn Sie Erklärvideos aus dem Internet in Ihren Unterricht einbeziehen möchten. Erfüllt das Lernvideo die Prinzipien des multimedialen Lernens oder missachtet es einige der Prinzipien und ist deshalb vielleicht eher nicht geeignet? Ebenso bieten die Prinzipien des multimedialen Lernens eine gute Stütze, wenn Ihre Lernenden im Rahmen des Unterrichts eigene Erklärvideos erstellen sollen.
Auch bei Vorträgen finden die Prinzipien Anwendung. In höheren Klassenstufen können die Multimedia-Prinzipien den Lernenden beispielsweise als Leitfaden für die Erstellung der PowerPoint-Präsentation dienen, da sie dabei helfen einige grundsätzliche Fragen beantworten. Wie gestalte ich meine Präsentation, damit meine Klassenkameraden möglichst viel dabei mitnehmen? Wie viele Informationen sollten auf einer Folie stehen? Was kann ich weglassen?
Quelle: Mayer, R. E. (2009). Multimedia learning (2. Auflage) Cambridge, England: Cambridge University Press.