27. September 2018
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Das materialgestützte Schreiben stellt Lehrkräfte vor eine Fülle von Anforderungen: Themen finden, Texte finden, Schreibaufträge formulieren und Zieltextsorten festlegen. Die geeignete Zieltextsorte muss machbar sein und zum Schreiben motivieren. Im Bereich des informierenden materialgestützten Schreibens ist das Autorenportrait eine attraktive Textform, wie Juliane Köster im aktuellen Beitrag zeigt.

Warum Autorenportraits?

Portraits von Autorinnen oder Autoren sind eine profilierte Textform an der Schnittstelle von „Reportage“ und „unterhaltender Information“. Sie gründet im Interesse an Menschen, ihren Schicksalen, Krisen und Lösungswegen.

Das Schreiben solcher Portraits wird bereits ab Klassenstufe 8 vorgeschlagen. Da es sich aber um eine Textsorte in der Tradition lebendiger Beschreibungskunst handelt, lässt sie sich sehr gut für die Sekundarstufe II modellieren. Das gilt z. B. für die Lebendigkeit und Anschaulichkeit der Darstellung. Ein Autorenportrait ist keine Personenbeschreibung und kein biografischer Abriss, sondern ein Portrait, das eine spezielle Aussage hat.

Worauf es beim Autorenportrait ankommt?

Ein gutes Portrait stellt Nähe zur portraitierten Person her, aber es bewertet die Person nicht. Es zeichnet ein lebendiges Bild von der Person. In der folgenden Tabelle werden zwei Anfänge eines Portraits der 2018 verstorbenen Schriftstellerin Christine Nöstlinger gegenübergestellt. Die Fassung in der linken Spalte ist für ein Portrait nicht geeignet. In der rechten Spalte findet sich eine verbesserte Version.

Unpassender Anfang eines Portraits

Die bekannte Autorin Christine Nöstlinger wurde 1936 in Wien Hernals geboren. Sie ist die jüngere von zwei Schwestern. Sie selber hat auch zwei Töchter und zwei Enkelkinder. Ihre Kindheit beschreibt sie als glücklich, obwohl Krieg war und sie Bombenangst hatte.

Seit den 1970er Jahren schreibt sie Kinder- und Jugendbücher sowie Drehbücher und Hörspiele, wofür sie zahlreiche Preise erhielt.

Begonnen hatte sie mit dem Buch „Die feuerrote Friederike“. Sehr bekannt sind auch die „Geschichten vom Franz“ oder die drei Bücher über Gretchen Sackmeier.

In allen ihren Büchern spielen die Probleme, die Kinder und Jugendliche in der Familie oder in der Schule haben, eine Rolle.

Olfi Obermeier zum Beispiel glaubt, dass es schädlich für ihn ist, in einer Familie zu leben, die nur aus Frauen besteht: Aus Mutter, Großmutter, der Tante und ihm.

Verbesserte Version

Zum Auswandern bin ich zu alt, höchstens vielleicht nach Griechenland“, sagt Christine Nöstlinger an ihrem 80. Geburtstag. Dabei hat sie die meiste Zeit ihres Lebens in Wien verbracht. Dort ist sie 1936 geboren, dort hat sie ihre beiden Töchter aufgezogen und dort hat sie auch mit dem Schreiben begonnen. Denn als Hausfrau hatte sie sich nicht entworfen. Weil es ihr schwerfiel, daheim zu sitzen, begann sie mit einem Bilderbuch über die „Feuerrote Friederike“ und erfand dann die Geschichte dazu. Und die wurde gleich mit einem wichtigen Preis ausgezeichnet.

Ob es Kinder- und Jugendromane sind oder Drehbücher und Hörspiele: Christine Nöstlinger liebt wienerische Ausdrücke, den sprachlichen Witz, die Story hinter der Story. Und es sind immer die Kinder, die aussprechen, worauf es ankommt, wenn es Probleme in der Familie oder in der Schule zu lösen gilt.

Aber warum ist die berühmte Kinder- und Jugendbuchautorin nicht mehr gern in Österreich? Es sind nicht nur die neuen nationalistischen Bestrebungen in vielen europäischen Ländern, sondern auch Fehlinformationen und Hasspostings in den sozialen Medien, die sich mit Windeseile verbreiten. Christine Nöstlinger geht es um Widerstand gegen Anmaßung, Unterdrückung und Ungerechtigkeit in jeglicher Form.

Die verbesserte Version (rechte Spalte) berücksichtigt zentrale Merkmale dieser Textsorte:

  • Mix aus Erscheinung der Person in bestimmten Situationen, Zitaten, Reflexionen, Kommentaren und kleinen Geschichten
  • Konkretheit und Anschaulichkeit
  • lebendige Sprache
  • Präsens als bevorzugte Zeitform

Linktipps

Es gibt auch eine Reihe guter Websites, die über die Merkmale eines Portraits informieren:

Welche Materialien sind geeignet?

  • Kalenderblätter aus Literaturkalendern
  • Interview-Auszüge (sofern vorhanden)
  • Auszüge aus Briefen, Tagebüchern (sofern sie veröffentlicht sind)
  • literarische Texte des Autors/der Autorin
  • Lebensläufe oder biografische Skizzen
  • Bilder

Wie lernt man, ein Autorenportrait zu schreiben?

Schülerinnen und Schüler können zum Beispiel:

  • ein Modellportrait analysieren, z. B. Elena Ferrante. Schwerpunkt: Schreiben unter Pseudonym, zugänglich unter: www.sueddeutsche.de
  • einen Wikipedia-Eintrag oder eine biografische Skizze des Autors bzw. der Autorin in ein Portrait umschreiben

3 Tipps, damit das Autorenportrait gelingt!
– Zwischenüberschriften setzen
– Sympathie erzeugen
– das Urteil den Lesern überlassen

Sie sind auf der Suche nach geeignetem biografischem Material für Autorenportaits? Nutzen Sie das Kompendium „Deutsche Literaturgeschichte – Von den Anfängen bis zur Gegenwart“ von Wolf Wucherpfennig.

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