11. September 2017
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Schülerinnen und Schüler für die Arbeit mit Gedichten zu motivieren, kann oft mühsam sein. Lyrikverfilmungen bieten nicht nur eine spannende Alternative zur trockenen Interpretation, sondern erweitern auch das ästhetische Bewusstsein der Lernenden.

von Elisabeth Luther

„Lyrik nervt!“ betitelt Hans Magnus Enzensberger unter einem Pseudonym seine Abhandlung über Gedichte. Dass diese Aussage auch von einem Großteil der Schüler stammen könnte, ist wohl kein Geheimnis: bildhafte Sprache, verschlüsselte Motive und verborgene Intentionen stellen für viele eine scheinbar unüberwindbare Herausforderung dar. Lyrische Texte werden zwar beispielsweise in Form von Popsongs konsumiert, aber im Kontext Schule oft als ungeliebtes Unterrichtsthema empfunden. Deshalb ist es besonders für den Lyrikunterricht wichtig, einen Bezug zur Lebenswelt der Schüler herzustellen. Also warum nicht mal ein neues Medium ausprobieren, um die Schüler zur Arbeit mit Lyrik zu motivieren?

Ein gelungenes Filmbeispiel – Poem

Mit Literaturverfilmungen ist sicherlich jeder Schüler schon einmal in Kontakt gekommen. Diese beziehen sich jedoch meist nur auf zwei der drei literarischen Gattungen – auf die Verfilmung von Romanen und Novellen einerseits und die von Theaterstücken andererseits. An die filmische Umsetzung lyrischer Texte wurde sich in der Vergangenheit nur selten herangetraut – aus dem einfachen Grund, dass ein recht kurzer, dichter und handlungsarmer Text sich nicht besonders gut in 90 Minuten packen lässt. Hinzu kommt, dass die Lyrikverfilmungen im Unterschied zu audiovisuellen Adaptionen narrativer oder dramatischer Literatur meist zur nichtkommerziellen Nutzung gedacht sind. Dennoch gibt es herausragende Beispiele dafür, dass Lyrikverfilmungen durchaus gelingen können, wie Ralf Schmerberg mit seinem Film „Poem“ (2003) zeigt. Das Filmprojekt umfasst 19 Gedichte deutschsprachiger Lyrikerinnen und Lyriker, die auf verschiedene Art und Weise visuell umgesetzt werden und sich damit wunderbar zur Arbeit mit Lyrik im Deutschunterricht eignen. Das Potential besteht nicht nur in der von Lehr- und Bildungsplänen vorgegebenen Möglichkeit zur Filmanalyse und zur Förderung der Medienkompetenz. Lyrikverfilmungen können den Schülern auch helfen, sich darüber bewusst zu werden, wie subjektiv unsere Wahrnehmung funktioniert und welche unterschiedlichen Bilder in unseren Köpfen entstehen.

Vielfältige Möglichkeiten im Unterricht

Dass die Filme als Interpretation eines Gedichtes durch den Regisseur, vor allem aber als eigenständiges Kunstwerk wahrgenommen und behandelt werden sollten, eröffnet vielfältige Möglichkeiten der Behandlung im Unterricht.

  • So können nicht nur lyrische Stilmittel als solche untersucht werden, sondern auch die Art und Weise der audiovisuellen Umsetzung sowie die symbolische Beziehung zwischen Wort, Bild und Musik.
  • Weiterhin können Kurzfilme ohne Ton gesehen werden, während die Schüler Mutmaßungen zum Inhalt des Gedichts aufstellen oder eigene Gedichte zum Gesehenen formulieren.
  • Auch ein Vergleich zwischen Text und Film bietet sich an, wobei auf die unterschiedlichen Formen der Lyrikverfilmungen geachtet werden sollte: Ist die Verfilmung eine einfache Rezitation, die den Text in den Fokus rückt, eine Inszenierung von Einzelbildern zum Gedicht oder eine komplexere Kontextualisierung?

Die Schüler werden in jedem Fall gar nicht darum herumkommen, sich auf den Film und damit auch auf das Gedicht einzulassen. Und wer weiß – vielleicht entdeckt der eine oder andere dabei sein Herz für Lyrik!?

Haben Sie sich schon einmal mit Ihren Schülerinnen und Schülern an eine Lyrikverfilmung herangewagt oder Lyrik sogar selbst verfilmt? Schreiben Sie uns dazu gern in den Kommentaren!

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